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Sanierung in weiter Ferne: Fernsehturm im Grüngürtel

Heimatkunde aus der Luft

Viele hoffen auf eine Wiedereröffnung des Colonius, aber der Weg dahin ist noch weit

Kein SrPlus-Artikel

»Nur ein Betonklotz ohne Aufzug«: Einen einsamen Stern vergibt ein Nutzer der Bewertungsplattform Tripadvisor für den Colonius. Der Fernsehturm ist neben dem Schornstein des Niehler Kraftwerks der einzige Ort der Stadt, der einen Blick von oben auf den Dom zu bieten hätte, wenn er denn nicht seit Jahren für die Öffentlichkeit geschlossen wäre. Und doch fehlt der Colonius in keiner Silhouette — ein Wahrzeichen, nichtsdestotrotz. Derzeit werden mehrere Vorschläge diskutiert, wofür der 1981 fertiggestellte und 266 Meter hohe Turm in Zukunft gut sein könnte.

Seit 1998 stehen die Aufzüge still und das Restaurant in der sich drehenden Kanzel leer. Die Besucher waren ausgeblieben, der Betrieb lohnte nicht mehr. Wenn man Benedikt Albers glaubt, lag das auch am Aufkommen der Billigflieger. Er ist Pressesprecher der Deutschen Funkturm GmbH, einer Telekomtochter, Eigentümerin des Colonius sowie zwölf weiterer Türme mit Besucherplattformen. »Die Menschen hatten das Interesse an ihrer Heimat verloren«, sagt er. Seit einiger Zeit jedoch richteten sie »ihren Blick wieder auf die eigene Stadt«. Die Kölner Politiker sprechen von einer Renaissance der Funktürme. Albers bestätigt das. Auch in Hamburg, Dresden, Schwerin und Frankfurt möchten Bürger und Kommunalpolitiker ihre Fernsehtürme wieder zugänglich machen.

Neue Brandschutzbestimmungen haben das in der Zwischenzeit aber nur noch komplizierter — und teurer — gemacht. Im Colonius müssten die Aufzüge so erneuert werden, dass sie im brennenden Turm benutzt werden können. An ernsthaftem Interesse und mehr oder weniger realistischen Ideen für die Nutzung habe es in den vergangenen Jahren nicht gemangelt, berichtet Albers. An einer wirtschaftlich tragfähigen Lösung für die Sanierung indes schon. Der zweistellige Millionenbetrag, der nach den Erfahrungen aus anderen Städten dafür nötig ist, lässt sich kaum durch ein Restaurant erwirtschaften.

Ein Architekt präsentierte jüngst die Idee, die massive Stahlbetonkonstruktion als Kern für einen Umbau zum Hochhaus zu nutzen. Einen Investor gibt es zwar nicht, Kritik an dieser Idee — wie an früheren, ähnlichen Ideen —, am Rande des Grüngürtels Hochhäuser zu bauen, dagegen reichlich.

Für einen anderen Weg setzen sich die Ratsleute der Wählergruppe GUT ein. Ihr OB-Kandidat Thor Zimmermann nutzte den ikonischen Turm für seinen Wahlkampf. Er ließ sich auf dem Dach der Kanzel fotografieren und knüpfte an seine Bemühungen aus der vorigen Ratsperiode an. Auf Initiative seiner Wählergruppe hatte eine breite Mehrheit im Sommer 2019 beschlossen, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Die Eigentümerin sollte darstellen, wie eine Wiedereröffnung möglich wäre. Die Studie sei inzwischen fertig, werde im Moment aber noch mit der Kölner Verwaltung abgestimmt, sagt Pressesprecher Benedikt Albers.

Zimmermann befürchtet allerdings, dass sich die Ergebnisse lediglich auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte beschränken. »Das muss ja nicht unbedingt ein privater Pächter machen«, sagt er zur künftigen Nutzung. Er könne sich auch eine »Zweigstelle des Stadtmuseums mit allem Schnickschnack« vorstellen. Die Wählergruppe hatte ein Konzept mit pädagogischem Anspruch gefordert, um die Identifikation der Kölner mit ihrer eigenen Stadt zu fördern. Erläuterungen und der Blick von oben auf Autoschneisen, Grünflächen und den Gesamtzusammenhang können viel bewirken, glaubt Zimmermann.

Bei der Sanierung soll die Denkmalförderung des Bundes helfen. Dresden und Hamburg gehen so vor. Der Kölner Rat forderte die Verwaltung nun im November auf, es ihnen nachzutun. Für die Restmittel aus diesem Jahr war es da allerdings zu spät. Der Colonius müsste dafür ohnehin den Status als schützenswertes Denkmal erhalten. Das ist umstritten, nicht zuletzt, weil künftige Bauvorhaben in seiner Umgebung dadurch eingeschränkt werden könnten.

Manch einer war überrascht, dass der markante Turm noch nicht unter Schutz steht. Im Zeitalter der dezentralen Mobilfunknetze und unterirdischen Datenautobahnen mag er zwar anachronistisch anmuten. Unternehmenssprecher Albers versichert aber, dass der Eindruck täuscht: »Nein, die Funktürme können nicht irgendwann weg.« Er sei nicht nur für den Fernseh- und Radioempfang sowie für den Funk von Feuerwehr und Polizei unersetzlich. Albers und sein Unternehmen sehen künftig gar neue Einsatzgebiete, beim Mobilfunkstandard 5G etwa, wo Verbindungen per Richtfunk Engpässe ausgleichen könnten. Und sollten eines Tages autonome Autos auf den Kölner Straßen unterwegs sein, könnte ein Rechenzentrum im Turm aus den Daten, die zu ihm übertragen werden, mögliche Konflikte errechnen und dank der kurzen Funkstrecke in Millisekunden reagieren. Platz für die Technik wäre auf absehbare Zeit jedenfalls reichlich vorhanden.